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Bei ihr gehtʼs «as Läbige»
Text: Regula Elsener Steinmann
Foto links: Martina Strul, EYENEX; Foto rechts: SRF
Es gibt so viel zu besprechen: von der Sozialisierung auf Festbänken über die düsteren Themen des Lebens bis hin zum Hühnerstall. Für ein Gespräch mit Mona Vetsch reicht eine Doppelseite nie und nimmer!
Auf eine Vita verzichten wir, denn nach bald 25 Jahren beim Schweizer Radio und Fern- sehen kennt nun wirklich jeder «la Vetsch». Die gebürtige Thurgauerin lebt mit ihrer Familie in Zürich.
Eigentlich müsste man ja vor Neid grün und blau werden. Denn irgendwie gelingt dieser Frau einfach alles... Dazu ist sie auch noch bodenständig, eloquent, er- frischend sympathisch und, und, und! Darauf angesprochen reagiert sie fast etwas empört ...
Mona Vetsch: Bitte?? Auch bei mir klappt nicht alles auf Anhieb. Das wäre ja furcht- bar! Im Gegenteil: Ich zeige sehr offen, dass ich nicht immer souverän bin. Nehmen Sie meine Sendung «Mona mittendrin». Da werde ich ins kalte Wasser geworfen, lande irgendwo und stelle spontan auch mal eine ganz doofe Frage.
Trotzdem gibt es kaum je die kleinste Kri- tik! Das ist schon aussergewöhnlich. Also in den sozialen Medien gibt’s die durch- aus. Man wird nie von allen gemocht, das ist ja auch nicht das Ziel. Wichtiger ist für mich, was die Zuschauerinnen und Zuschauer zu unseren Reportagen sagen. Da lerne ich immer viel. Auch von kritischen Feedbacks. Aber am strengsten kritisiere ich mich wohl selber. Es gibt viel, was ich besser machen könnte.
Was denn?
Nicht so viel Fluchen! Ich sage immer: Ich bin im Thurgau «festbank-sozialisiert» worden und habe bis heute eine sehr unverblümte Sprache. Als wir etwa im Wallis an einem Steilhang drehten, haute es mich alle paar Meter «fascht uf de Latz». Auf dem Schnitt- platz bat ich darum, den einen oder anderen Fluch rauszuschneiden (lacht). Aber das ge- hört nun mal zu mir. Ich bin authentisch und spiele keine Rolle.
Tut man das nicht automatisch ein biss- chen, sobald die Kamera läuft?
Nein, glauben Sie mir: Ich wäre eine ganz schlechte Schauspielerin, das würde man sofort merken.
Dafür werden Sie oft als «bodenständig» beschrieben. Kommt das von eben diesen Thurgauer Wurzeln?
Ich denke schon. Das Umfeld in der Kindheit prägt sehr stark. Ich war zum Beispiel ein komplett untalentiertes Bauernkind. Das al- les interessierte mich nicht. Meine Welt wa- ren Bücher, die Musik – da konnte ich mich in andere Sphären «beamen». Inzwischen hat mein Bruder den Hof übernommen, und auch meine Eltern leben nach wie vor im Thurgau. Es tut gut, diese zwei Welten zu haben und zu pflegen. Heute wohne ich zwar in Zürich, aber die Verbindung ist noch immer da.
Sie haben Ihre Jugend angesprochen: Da waren Sie fasziniert von der düsteren Seite des Lebens, von Friedhöfen, dem Tod. Heute werden Sie oft als «strah- lendste TV-Frau der Schweiz» bezeich- net. Erstaunt Sie diese Entwicklung manchmal selbst?
(Überlegt einen Moment) Mich irritierten in meiner «Grufti»-Phase eher Leute, die sich NICHT für die ernsthaften, düsteren Themen des Lebens interessierten. Das fand ich selt- sam. Ich stellte mir und der Welt schon da- mals viele Fragen. Auch radikale. Und fand oft Antworten in Arten von Musik und der Literatur, die sicher nicht massentauglich
waren. Insofern ist diese Entwicklung gar nicht so aussergewöhnlich: Noch immer stelle ich ja Fragen, die «as Läbige» gehen, und treffe Menschen, die darauf ihre ganz persönliche Antwort haben.
Sie selbst offenbaren durchaus auch Pri- vates, zeigen etwa Ihren Garten oder er- zählen von aktuellen Projekten wie einem Hühnerstall. Ihre Familie aber halten Sie komplett aus der Öffentlichkeit raus. Wie schaffen Sie das schon so viele Jahre? Indem ich von Anfang an konsequent war. Ich bin eine öffentliche Person, damit habe ich kein Problem. Aber mein Mann und meine Jungs sind es nicht. Wenn sie mal älter sind und das selbst möchten, können wir darüber reden. Aber mit 9, 11 und 14 Jahren zerre ich sie sicher nicht vor irgendeine Kamera.
Werden wir dafür mal Ihre Hühner sehen?
(Lacht herzhaft) Ja, wenn der Stall mal steht und die Hühner eingezogen sind, kann ich mir das vorstellen. Denn wie Sie sagten: Ge- rade auf Instagram zeige ich ja öfters Dinge aus meinem Leben, wie eben den Garten und damit verbundene, elementare Dinge, wie den Kampf mit dem Schnürgras!
Schnürgras?
«Quecke» heisst dieses Unkraut eigentlich. Es wächst einfach überall und lächelt mich dabei fies an. Ein aussichtsloser Kampf, der aber guttut, weil er einen auf den Boden der Realität zurückholt und fast etwas demütig macht.
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