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Die Botschaft vom Dach
Text und Interview: Maximilian Marti Fotos: SRF/Oscar Alessio
Mehrmals täglich lassen sich in der Schweiz rund eine Million Menschen von SRF Meteo über die aktuelle Wetterlage und deren wahrscheinliche Entwicklung in den nächsten Tagen informieren. Mo- deriert wird die Sendung von den Front- leuten der 15-köpfigen Meteo-Redaktion, seit 2018 ist Nicole Glaus das Gesicht der Nation. Vom Dach des Fernsehgebäu- des aus sagt sie uns, ob Regenschirm oder Sonnenschutz angesagt sind. Die gebürtige Zugerin aus Cham zog vor ca. 13 Jahren nach Bern, wo sie am Oesch- ger Centre for Climate Change Research ihren Master in Klimawissenschaften ab- schloss. Studienbegleitend sammelte sie bereits Erfahrung als Produktionsassis- tentin bei 10 vor 10 von SRF.
Frau Glaus, wann wurde Ihnen zum ersten Mal die Bedeutung der Wetterprognose bewusst?
Als mir bei meiner Arbeit bei SRF Meteo klar wurde, wer alles und wie vieles davon ab- hängig ist, sei es im privaten oder im wirt- schaftlichen Bereich. Zum Beispiel Bauern vertrauen auf unsere Prognosen. In der Heu- saison muss man sich seiner Sache sicher sein, wenn man drei Tage lang trockenes Wetter prognostiziert. Und kein Bergführer hat wohl Freude daran, wenn er mit seinem Gast auf einem schmalen Grat unvorherge- sehen verregnet wird.
Was hat Sie dazu bewogen, Klimawissen- schaft zu studieren?
Eigentlich wollte ich ursprünglich Journa- listin werden und mich auf ein bestimmtes Gebiet spezialisieren. Darum begann ich an der Uni Bern mein Masterstudium in Klima- wissenschaften. Gleichzeitig arbeitete ich als Produktionsassistentin bei 10 vor 10. In dieser Zeit wurde mir jedoch bewusst, dass ich mich vermehrt auch beruflich im naturwissenschaftlichen Bereich bewegen möchte. Mein jetziger Beruf bei SRF Me- teo erlaubt mir, beides – Journalismus und Klimawissenschaften – zu kombinieren. Bei meiner Arbeit kann ich mich täglich mit Wet- terphänomenen und Klima beschäftigen, Informationen aus verschiedensten Quel- len sammeln, Schlüsse daraus ziehen, eine
Sendung erarbeiten und diese als Modera- torin journalistisch umsetzen. Natürlich wird grundsätzlich auf die Erfahrung des ganzen Teams zurückgegriffen, wenn wir uns mehr- mals täglich zur Wetterbesprechung treffen und uns austauschen.
Also haben sich Ihre Erwartungen an den Beruf erfüllt?
Mehr als das. Als ich die Stelle antrat, wusste ich noch nicht, auf was ich mich alles ein- lasse – das war wahrscheinlich auch gut so. Niemand konnte mich darauf vorbereiten, wie es tatsächlich ist, wenn einem rund eine Million Menschen am Fernsehen zuschauen oder am Radio zuhören. Was mir gefällt, ist die Tatsache, dass kein Tag wie der andere, keine Sendung wie die andere ist. Das Wet- ter bietet täglich neue Herausforderungen und somit wird es nie langweilig.
Sie sind in Cham aufgewachsen, wohnen in Bern und arbeiten in Zürich. Was ver- binden Sie mit diesen drei unterschied- lichen Orten?
Mit Cham, also Zug, verbinde ich vor al- lem Erinnerungen und Bilder aus meiner Jugend- und Schulzeit: meine Familie, Ba- den im See und den Blick auf die Rigi, den Sonnenuntergang vor der Zuger Altstadt. Heute fühle ich mich in Bern zu Hause. Zü- rich verbinde ich hauptsächlich mit der An- kunft im Hauptbahnhof und der Fahrt mit der S-Bahn nach Oerlikon zu meinem Arbeits- platz am Leutschenbach. Natürlich kenne ich die Bahnhofstrasse oder die prächtige
Sicht vom Bellevue über den See, aber am besten mag ich nach wie vor die Fahrt zurück nach Hause. Wenn ich in Bern aussteige, bin ich daheim, wo meine Wohnung, meine Freunde, die nahe Aare und der Gurten mich erwarten. Mit Bern verbinde ich vor allem ein Stück Gemütlichkeit. Es läuft hier zumindest gefühlt alles etwas langsamer ab als im Rest der Schweiz. Das schätze ich sehr.
Wovon träumen Sie?
Ich träume davon, dass es wieder einmal ei- nen Winter lang so richtig schneit. Dass von November bis Ende Februar im Flachland durchgehend zwei Meter Schnee liegen, sodass ich jeden Tag von mir zu Hause auf den Gurten eine Skitour in Angriff nehmen kann.
Ein lang gehegter Traum von mir ging im vergangenen Sommer in Erfüllung. Ich habe als Gleitschirmpilotin das Fliegen er- lernt. Und damit haben sich bereits weitere Träume aufgetan – ein langer Streckenflug quer über die Alpen oder noch das Tandem- fliegen lernen.
Was wünschen Sie sich als Klimawissen- schaftlerin von der Gesellschaft?
Dass Klimaschutz, der Umgang mit den Ressourcen und der Respekt gegenüber der Natur und zukünftigen Generationen ak- tiver gelebt werden. Ich wünschte mir wie- der mehr Vertrauen in die Wissenschaft und die aktuelle Forschung und dass die Politik die Klimakrise global in Angriff nimmt.
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