Page 104 - Bo_Bern_18
P. 104

  1014
Besser sehen, besser spielen
Mit der Brillenbühne bringt Ulrich Nachbauer seine Passionen auf den Punkt – die Optik und die Musik.
Wer das Optikgeschäft am Neuhausplatz im Liebefeld betritt, schaut zweimal hin. Wegen der stilvollen Ausstattung, und we- gen des freundlichen Teams natürlich, aber nicht nur! Da steht nämlich ein Flügel mit- ten im Geschäft, und erst noch einer der renommierten Marke Steinway. «Wenn ein Kunde sich nicht zwischen zwei verschie- denen Brillenmodellen entscheiden kann, spiele ich ihm etwas vor, das hilft häufig», sagt Ulrich Nachbauer mit einem Lächeln. Der Optiker, ehemalige Trompeter und heu- tige «Freihandklavierspieler» hat bei der Gestaltung seines Geschäfts darauf geach- tet, dass die Musik auch in seinem berufli- chen Alltag einen gebührenden Stellenwert bekommt. Nun geben sich hier Musiker und Brillenträger die Klinke in die Hand.
Konzerte in der Brillenbühne
Nachbauer lancierte die Brillenbühne 2018, fünf Jahre nachdem er das vormalige Ge- schäft Luippold Optik übernommen hatte. Damit hat er das Konzept seines Geschäfts vom reinen Optikgeschäft zum Teilzeitkul- turlokal erweitert. Regelmässig finden in und gewissermassen auf der Brillenbühne Konzerte in intimem Rahmen für bis zu dreissig Personen statt.
Die Musikbrille, individuell angepasst
Ein ganz besonderes Angebot der Brillen- bühne sind die Musikbrillen. Wer ein In- strument spielt, der weiss, dass die Sehab- stände zu den Noten oder zum Instrument oft nicht der Norm entsprechen. «Die nor- male Lesebrille funktioniert nicht, die Noten sind einen Tick zu weit weg», erklärt Ulrich Nachbauer. Er kennt die Problematik aus seiner eigenen Erfahrung im Orchestergra- ben. So kann es vorkommen, dass begeis- terte Hobbymusiker ihr Instrument wegle- gen müssen. Oder professionelle Musiker in ihrem Berufsleben mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben.
Ulrich Nachbauer
Eine Musikbrille für Daniel Zisman
Interessierte Musiker messen deshalb ihre Brille in der Brillenbühne mit dem Instru- ment ab. «Der Musiker oder die Musikerin packt das Instrument aus und spielt darauf, während ich die Brillenstärke ausmesse», sagt Ulrich Nachbauer. Der renommierte Violinist Daniel Zisman zum Beispiel, ehe- maliger Konzertmeister im Berner Sympho- nieorchester, der immer noch regelmässig auf der Bühne steht, war begeistert vom Resultat. Auch eine Organistin meldete sich bei Nachbauer. Sie habe jahrelang nicht mehr Orgel gespielt, weil sie die No- ten nicht mehr sehen konnte, sagt er. Nach- dem er die Anpassung vorgenommen und die Brillengläser ausgewechselt hatte, rief sie ihn voller Freude an: «endlich kann ich wieder spielen!» Auch bei Kindern kann es
vorkommen, dass die Sehdistanz zu den Noten nicht stimmt.
Brillen «handmade»
Das Brillensortiment besteht aus kleinen und feinen Nischenmarken aus der Schweiz und Europa. Dazu gehören zum Beispiel die Holzbrillen von Freisicht in Freising (Deutschland). Im Familiengeschäft wird Holz aus der Instrumentenmanufaktur des Vaters verarbeitet. Ganz speziell daran ist, dass die Brillen mit einem besonderen Ver- fahren gebeizt werden, sodass sie warm gemacht und angepasst werden können. Seit kurzem gehören auch von Hand ge- fertigte Acetatbrillen der Firma Baselli aus Basel zum Sortiment der Brillenbühne.





















































































   102   103   104   105   106