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    Auf dem Boden geblieben
Text und Interview: Janine Tschopp Foto (links): Getty Images
Der Berner Eishockeyspieler Roman Josi spielt seit 2010 erfolgreich in der NHL bei Nashville Predators. Zu seiner Heimat hat der 31-Jährige noch immer einen starken Bezug.
Herr Josi, vor kurzem waren Sie auch bei uns in der Schweiz in den Schlagzei- len, weil sie derzeit Punkte in der NHL sammeln wie kein anderer Verteidiger in diesem Jahrtausend. Wie empfinden Sie das?
Es ist schön, dass sich auch die Leute in der Schweiz dafür interessieren, was wir NHL- Spieler machen. Und dass ich momentan ab und zu mit meinen grossen Vorbildern und Eishockey-Legenden wie Bobby Orr und Paul Coffey verglichen werde, ist schon fast ein bisschen surreal für mich.
Was braucht es, um so erfolgreich zu sein wie Sie?
Das Wichtigste ist, Freude an dem zu ha- ben, was man tut. Schon als Kind wollte ich kein einziges Training und kein Spiel ver- passen. Meine Eltern haben mich immer unterstützt, aber nie gepusht. Es kam alles von mir aus. Eishockey war für mich als Kind das Wichtigste.
Mit der Freude hat also alles begonnen, spä- ter kam der Ehrgeiz dazu. Wenn man jung ist, braucht es auch Talent, um Erfolg zu haben. Wenn man älter wird, muss man dafür im- mer härter arbeiten. Man muss den Ehrgeiz haben, sich stetig zu verbessern. In Technik, Kraft, Geschwindigkeit, Explosivität ... Seit fünf Jahren mache ich zudem intensiv Men- taltraining. Im Nachhinein betrachtet hätte ich früher damit anfangen sollen.
Warum?
Weil das Mentale fast der wichtigste Faktor ist. Es ist wichtig, dass man gut mit Druck umgehen kann. Man darf die Freude nie ver- lieren, egal wie gross der Druck ist.
Hätten Sie als Bub gedacht, dass Sie mit Eishockey einmal Millionen verdie- nen würden?
Nein. Als Kind hat mir Hockeyspielen ein- fach sehr viel Spass gemacht. Bis ich zehn Jahre alt war, spielte ich Fussball und Eishockey. Mit Fussball habe ich dann auf- gehört. Mein grosser Traum war, für den SC Bern zu spielen. Dieser ging in Erfüllung. Mit 16 oder 17 Jahren haben wir entschie- den, die KV-Lehre abzubrechen und voll auf Hockey zu setzen. Dies mit dem Ziel, Profi- sportler zu werden. Wir hatten das Gefühl, es sei der richtige Schritt. Als ich 18 Jahre alt war, wurde ich in die NHL «gedraftet». Irgendwann wurde das Geld Teil des Busi- ness. Aber wie gesagt, die Freude ist für mich immer noch das Wichtigste.
Sie leben schon seit zwölf Jahren in Amerika. Vermissen Sie Ihre Heimat? Ja. Ich vermisse sie, und sie bedeutet mir noch immer sehr viel. Manchmal kann ich es gar nicht glauben, dass ich schon so lange in Amerika bin. Es kommt mir vor, als sei ich erst gestern gekommen. Im Som- mer versuche ich immer meine Heimatstadt Bern zu besuchen. Dort sind auch meine Familie und meine Freunde. Ich will immer wieder heimkommen. Seit wir einen Sohn haben sowieso. Ich will ihm zeigen, wo meine Heimat ist.
Werden Sie wieder in der Schweiz leben, wenn Ihre NHL-Karriere irgend- wann vorbei ist?
Ich hoffe natürlich, dass ich noch sehr lange NHL spielen kann. Wo wir später leben
Roman Josi mit Frau Ellie und Sohn Luca James. Foto: zVg
werden, weiss ich noch nicht. Da meine Frau Amerikanerin ist, werden wir sicher auch in Amerika sein. Am liebsten wäre es mir, später halb in Amerika und halb in der Schweiz zu leben. Das wäre ein grosser Traum von mir.
Sie sind beim SC Bern gross geworden und heute sind Sie Mitbesitzer. Derzeit läuft es dem Team nicht so gut. Woran liegt das?
Momentan bin ich nicht so nahe dran, dass ich alles mitkriege. Ich tausche mich aber viel mit meinem Vater und mit Mark Streit aus, die dort beide im Verwaltungsrat sind. Ich denke, es braucht nun einfach etwas Geduld. In Bern war man bisher erfolgsver- wöhnt. Aber im Sport gibt es immer Höhen und Tiefen. Ich bin überzeugt und habe Ver- trauen, dass der Erfolg wieder zurückkom- men wird.
Sie haben schon extrem viel erreicht. Haben Sie noch Ziele?
Ja. Mit Nashville möchte ich den Stanley- Cup gewinnen. Und nach zwei Silberme- daillen möchte ich mit der Schweizer Na- tionalmannschaft an der WM Gold holen.
  Ausnahmetalent Roman Josi
Aufgewachsen ist Roman Josi in Oster- mundigen. Seine Eishockey-Karriere be- gann er beim SC Bern. Seit 2010 spielt er in der National Hockey League (NHL) und ist bei Nashville Predators unter Vertrag. Seit September 2019 führt er die Mann- schaft als Captain an. An der WM 2013 wurde er zum MVP (wertvollster Spieler) gekürt. 2020 erhielt er die Norris-Trophy (bester NHL-Verteidiger).
Zu seinen Teamerfolgen gehören der Schweizermeister-Titel mit dem SC Bern (2010), das Erreichen des Stanley-Cup- Finals mit Nashville (2017) sowie die bei- den WM-Silbermedaillen mit der Schwei- zer Nationalmannschaft (2013 und 2018).
Roman Josi ist verheiratet und hat einen Sohn. Im Juli 2022 wird er zum zweiten Mal Vater.
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