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Neue Lebensqualität finden
Wer sich das Bein bricht, kehrt meist bereits nach kurzer Be- handlungs- und Regenerations- zeit wieder in sein früheres Leben zurück. Menschen mit psychischen Problemen be- gleitet ihre Krankheit meist sehr lange, oft ihr ganzes Leben lang. Sie finden in Insti- tutionen wie der Mosaik Sozial- therapie AG Unterstützung und ein Zuhause.
Für Aussenstehende wirkt das renovierte Bauernhaus im malerisch-beschaulichen Andelfingen wie eine Oase der Ruhe: Hier könnte man gut einfach abschalten, mal den Kopf lüften! Für die Menschen der sozialtherapeutischen Wohngruppe ist das komplizierter. «Einfach abschalten» ist für sie ein Ding der Unmöglichkeit, «doch wenn der Rahmen stimmt, fühlen sich die Bewohnenden einfach wohler», erklärt der Heimleiter Gerry Gasser, der die Institution mit Ehefrau Silvia gründete. «Rehabilitation bedeutet hier Aktivierung der Ressourcen, um neue Lebensqualität zu finden.» Etwas, das Neuankömmlinge verloren oder nie ge- kannt haben.
«Wer zu uns kommt, hat oft eine jahrelange Odyssee hinter sich», so der stellvertre- tende Heimleiter Lorenz Graf. «Einen Weg durch verschiedene Behörden und an- dere Institutionen. Von der Familie leben Bewohnende oft isoliert, Freunde haben sich abgewandt.» Denn viele Klienten des «Mosaik» leiden an Schizophrenie, einer mit Wahnvorstellungen einhergehenden Krankheit, die in ihren Auswirkungen unter- schätzt wird: «Die Betroffenen werden so zusätzlich stigmatisiert», ergänzt Gasser. «Wir lassen die Krankheit aber in den Hin- tergrund treten.»
Wichtig ist beim Eintritt die Medikation. Oder ob Fremd- bzw. Selbstgefährdung vorliegt. «Diagnosen sind sekundär. Sonst
Therapie mit Hunden
Leitungsteam
wären wir voreingenommen», so Gerry Gasser. «Uns interessiert der einzelne Mensch und seine Geschichte. Dies be- eindruckt mich immer wieder aufs Neue.» Die Neugier auf das Gegenüber ist der Grund, weshalb der gelernte Psychiatrie- pfleger nach all den Jahren immer noch für seinen Beruf brennt. Das gilt auch für seinen Stellvertreter Lorenz Graf. Dieser wehrt sich dezidiert gegen das Klischee, dass das Mosaik-Team auf dem Helfertrip ist: «Das funktioniert nicht. Mit diesem Gedankengut kommt man in unserem Beruf nicht weiter.»
Statt von helfen redet man beim Mosaik lieber von begleiten, unterstützen und coachen. Rückfälle und der «Kampf» mit alten Mustern gehören zum Alltag. «Manch- mal braucht es mehrere Anläufe, bis wir
miteinander weiterkommen. Erfolg oder Re- habilitation heissen für uns und die Bewoh- nenden nicht zwingend Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt mit eigener Wohnung», erklärt Lorenz Graf. Die Fortschritte mögen einem Aussenstehenden klein vorkommen, für die Betroffenen sind diese enorm: «Wir haben eine Bewohnerin, die beim Eintritt zweimal pro Jahr eine grosse Krise hatte. Sie hat so viel an sich und mit uns gearbei- tet, dass sie seit fünf Jahren stabil ist», so Graf. Doch wie kommt man dorthin?
«Indem wir Ressourcen mobilisieren», so Gerry Gasser. «Wir richten den Fokus nicht auf das Problem, sondern auf Fähigkeiten und Interessen.» Hier gibt es ein breites Angebot – unter anderem Kochen, Werken, Sport und Hundetherapie. Dabei kommen vom Ehepaar Gasser gezüchtete Collies und Shelties zum Einsatz. Die Tierfreund- lichkeit bei der Mosaik Sozialtherapie AG ist übrigens überall spürbar. Haustiere sind in der Wohngruppe nämlich willkommen.
    Mosaik Sozialtherapie AG
Landstrasse 44, 8450 Andelfingen
Telefon +41 52 304 30 30 E-Mail info@wg-mosaik.ch
 www.wg-mosaik.ch
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