Page 43 - Bo_Zuerich_F_9
P. 43

 Dompteur mit Feingefühl
Text und Interview: Maximilian Marti Foto, linke Seite: SRF/Severin Nowacki Foto, rechte Seite: SRF/Oscar Alessio
Eine der spannendsten Sendungen im Fernsehen ist zurzeit fraglos die Arena auf SRF 1, eine innenpolitische Diskus- sionssendung zu aktuellen Themen. Jeden Freitag pünktlich um 22.20 füllt sich die Manege mit prominenten Per- sönlichkeiten aus politischen Kreisen. In Gegenwart von und zusammen mit Betroffenen und Experten diskutieren sie über ein brisantes Thema der Helve- tischen Politik. Alle sind eingeladen, ihre persönliche Meinung zu vertreten, zu er- klären, zu verteidigen und, nicht selten, von Einzelnen oder der ganzen Runde zerpflücken zu lassen – ein Format mit Explosions-Potenzial.
Geleitet wird das Gespräch von einem er- fahrenen Moderator, der, wenn das Ge- schehen gelegentlich getreu dem Titel zu einer gemischten Raubtiernummer mutiert, die Rolle des Dompteurs spielt. Seit Mai 2019 ist das der Zürcher Sandro Brotz. Seine Karriere begann mit einer kaufmän- nischen Lehre. Ein latentes Faible für Jour- nalismus führte ihn 1988 zur Zürcher Quar- tierzeitung «Vorstadt» und zu Radio Zürisee. Weitere Stationen waren Radio Z, Lokal-TV Züri 1 und Tele Züri, der SonntagsBlick (Nachrichtenchef und Stv. Chefredakteur) sowie die Rundschau des Schweizer Fern- sehens. Nach diversen Media-Stages, oft in leitender Position, übernahm er von Jonas Projer die Moderation der Arena.
Warum haben Sie sich für eine Medien-Karriere entschieden?
Ich war mit meiner Lehre bei Mövenpick sehr glücklich, weil ich den Umgang mit Menschen schon immer mochte. Ich hätte mich im Gastronomie-Bereich bestimmt ebenso wohl gefühlt wie jetzt bei den Me- dien, aber der Ruf der Vielfalt an Möglich- keiten, welche die Medienlandschaft bietet, war stärker.
Hat sich Ihre Karriere so entwickelt, wie Sie sich erhofft hatten?
Absolut. Ich bin sehr ehrgeizig und habe immer hart an mir selber gearbeitet, da- zugelernt, wo ich konnte, und mich selber
Im Rahmen von «YouNews – Jugendmedienwoche 2020». Sandro Brotz und die jugendlichen Moderatoren: v.l. Jonas Lüthy, Aneschka Berchtold und Laurine Frauchiger
 gefordert, damit ich bereit war, wenn sich eine Gelegenheit bot, neue Wege zu gehen und mich weiterzuentwickeln. Oft hatte ich das Glück, zur rechten Zeit am passen- den Ort zu sein, mit den richtigen Leuten in Kontakt zu kommen. Es hat mich immer gefreut, meine Fähigkeit unter Beweis stel- len zu können, wenn sich eine neue Heraus- forderung anbot. Die Medienszene in der Schweiz ist nicht besonders gross, und wer vernetzt ist, dem bietet sich auch immer mal wieder die Chance, den beruflichen Rucksack weiter zu füllen.
Was fasziniert Sie persönlich
an der Sendung Arena?
Es ist ein Format, in dem ich mich sehr wohl fühle. Ich denke, ich kann meine Er- fahrungen aus den letzten über 30 Jahren einbringen. Wir investieren sehr viel Zeit darin, das richtige Thema der Woche mit den bestmöglichen Gästen zu setzen. Die Arena heisst nicht umsonst so – und so kann auch schnell mal eine hitzige Debatte entstehen. Aber ich pflege zu sagen: Wer die Hitze nicht verträgt, hat in der Küche nichts zu suchen. Diese Spannung mag ich,
und das Publikum offensichtlich auch. Dazu kommt die Tatsache, dass oft Zusammen- hänge aufgezeigt und neue Erkenntnisse gewonnen werden, die zu Denkanstössen und revidierten Meinungen führen. Das gibt mir das Gefühl, etwas Sinnvolles zum politi- schen Geschehen beizutragen.
Welche war Ihre schwierigste Entscheidung?
Das war 2016 während meiner Zeit als Mo- derator bei der Rundschau. Nach aufwän- digen Vorarbeiten gelang es mir, einen In- terviewtermin beim syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu bekommen. Mitten im Bürgerkrieg nach Damaskus zu reisen – von Beirut auf dem Landweg aus – war ein Ri- siko. Meinem Sohn zu erklären, warum ich dieses Risiko eingehe, war nicht einfach. Aber er hat verstanden, dass das zu mei- nem Beruf gehört und dass wir alle Vorkeh- rungen getroffen haben, damit ich wieder heil zurückkommen werde. Was ja auch der Fall war. Später hat er mir gesagt, dass er zwar Angst hatte, aber auch stolz auf mich war. Das rührt mich bis heute.
 423


















































































   41   42   43   44   45